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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 18.01.2024:

Eine neue inklusive Arbeitskultur

„Inklupreneur“ bringt Menschen mit Behinderung und Unternehmen zusammen
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Bildrechte: Inklupreneur

Das Projekt „Inklupreneur“ will die Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinderungen senken und Unternehmen bei der praxisnahen Umsetzung von Inklusion unterstützen. Gemeinsam erstellen Projektteam und Unternehmen eine Inklusionsstrategie, die den Firmen den Weg in eine inklusive Arbeitskultur weist. Während der Umsetzung werden die Unternehmen bis zu einem Jahr von Coaches und Mentor*innen, die selbst eine schwere Behinderung haben, begleitet.


Menschen mit Behinderung haben oft Schwierigkeiten, einen Arbeitsplatz zu finden, obwohl sie hervorragend qualifiziert sind. Zwar sind Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten gesetzlich dazu verpflichtet, fünf Prozent ihrer Stellen mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen. Doch viele erfüllen diese Pflicht nicht und zahlen stattdessen Ausgleichsabgaben. Im Jahr 2021 hatten zum Beispiel 43 Prozent der Unternehmen mit 20 bis 39 Arbeitsplätzen keinen Pflichtarbeitsplatz besetzt. Für eine inklusive Gesellschaft ist es aber wichtig, dass Menschen mit Behinderung gleichberechtigt und selbstbestimmt am Arbeitsleben teilhaben können und Inklusion praktiziert wird. Auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels ist es unverzichtbar, allen Menschen zu ermöglichen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Das Projekt „Inklupreneur“
Das Projekt „Inklupreneur“, dessen Name sich aus den Worten „Inklusion“ und „Entrepreneur“ (Unternehmer) zusammensetzt, will Menschen mit Behinderung und Unternehmen zusammenbringen. Es begleitet Unternehmen dabei, ihre Vision von Inklusion zu realisieren, unterstützt sie beim Aufbau inklusiver Strukturen, hilft, Inklusion als Mehrwert für das Unternehmen zu etablieren und baut Ängste, Vorurteile, Hürden und Hindernisse ab. Nils Dreyer, Geschäftsführer und Gesellschafter der in Bremen ansässigen Hilfswerft gGmbH, arbeitet bereits seit 2014 mit seinem Team daran, Bildungsangebote für eine zukunftsfähige Wirtschaft zu schaffen. 2021 hat er das Modellprojekt „Inklupreneur“ ins Leben gerufen, mit dem er dazu beitragen will, Inklusion in der Arbeitswelt zu verankern, indem mehr Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen geschaffen werden. Sein Ziel ist es, Unternehmer*innen zu ermutigen und zu befähigen, Inklusionskonzepte zu entwickeln, in ihrem eigenen Unternehmen umzusetzen und damit zu einer neuen, offenen Arbeitskultur beizutragen und einen Perspektivwechsel herbeizuführen. Bisher hat das Projekt 689 zugesagte und 97 besetzte Stellen erreicht.

Umsetzung in Berlin, Bremen und im Rheinland
Gestartet ist das Projekt „Inklupreneur“ im April 2021 in Berlin als dreijähriges Modellvorhaben. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) finanziert es aus Mitteln der Ausgleichsabgaben. In Zusammenarbeit mit Berliner Unternehmen werden hier Inklusionsmodelle für die Zukunft erstellt und eine Community aufgebaut, die sich gemeinsam beim Wandel unterstützt. Seit Januar 2022 bietet die Hilfswerft gGmbH das Programm auch in Bremen an - finanziert durch die Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa aus Mitteln des Landes und des Europäischen Sozialfonds Plus. In einer Kooperation zwischen dem Verein found it = e.V. aus Wuppertal und der Hilfswerft gGmbH startet 2024 das Projekt auch im Rheinland. Möglich gemacht hat dies der Landschaftsverband Rheinland (LVR) durch eine dreijährige Projektförderung. In allen Bundesländern unterstützen Kooperationspartner „Inklupreneur“ bei der erfolgreichen Umsetzung in den Regionen.

Der Inklupreneur Pledge
Der Weg zur Teilnahme am Projekt geht über den sogenannten Inklupreneur-Pledge: Zeigt ein Unternehmen Interesse, Inklusion im eigenen Betrieb oder Start-up voranzutreiben und ein „Inklupreneur“ - also ein inklusiver Unternehmer - werden zu wollen, unterzeichnet es auf der Homepage den Inklupreneur-Pledge. Der Inklupreneur-Pledge ist eine Selbstverpflichtung und zugleich die „Eintrittskarte“ für die Teilnahme an dem Programm, bei dem die Unternehmen eine bestimmte Anzahl an Arbeitsplätzen festlegen, die sie bis zum Projektende mit Menschen mit Behinderung besetzen wollen. Über 100 Unternehmen haben sich bereits am Projekt beteiligt, darunter sind besonders viele junge Firmen, die mit der Unterstützung der Hilfswerft gGmbH von Anfang an passende Strukturen schaffen wollen.

Das Inklupreneur-Programm
In drei Schritten wird mit jedem teilnehmenden Unternehmen ein individuelles Inklusionskonzept erarbeitet. In der ersten Phase, dem „Community-Building“, lernen sich alle beteiligen Unternehmen eines Bundeslandes kennen und überprüfen gemeinsam mit dem Projektteam, wie sie kulturell und inhaltlich zusammenpassen. Aus mehreren Pledger-Unternehmen wird dann eine Kohorte gebildet, die während und nach dem Inklupreneur-Programm im engen Austausch steht und sich gegenseitig unterstützt. So entsteht eine Wertegemeinschaft sozial-nachhaltiger Unternehmen, die gemeinsam etwas bewegen will. Monatliche Community-Meetings unterstützen den Kennenlernprozess, bei dem Alumni des Programms ihren Weg in die Inklusion aufzeigen und von ihren Erfahrungen berichten.

In der zweiten Phase geht es darum, in Co-Kreation einen groben Aktionsplan zu entwickeln. Dazu kommen die Kohorten auf einem zweitägigen StarterCamp zusammen, das die Auftaktveranstaltung des Inklupreneur-Programms markiert. Auf dem StarterCamp erarbeiten die teilnehmenden Unternehmen die Grundsteine ihrer Inklusionsstrategie, die sie in den darauffolgenden Monaten umsetzen. Die Unternehmen lernen auf dem Camp, in welchen Tätigkeitsbereichen und Fachabteilungen sie im Unternehmenskontext Inklusion ermöglichen können und entwickeln einen Plan, der ihnen den Weg in ein inklusives Unternehmen aufzeigt. Außerdem bekommen sie einen Überblick über die Inklusionslandschaft, lernen Vertreter*innen der Agentur für Arbeit, des Integrationsfachdienstes, der Berufsbildungswerke sowie Inklupreneur-Mentor*innen und andere Netzwerkpartner kennen. Vor Ort knüpfen sie auch Kontakte mit Menschen mit Schwerbehinderung und verlieren Berührungsängste.

Die Umsetzungsbegleitung

In der daran anschließenden bis zu 12 Monate dauernden Phase der Umsetzung und Begleitung erhalten alle Unternehmen einen persönlichen Coach und können jederzeit auf das Mentor*innen-Netzwerk zurückgreifen. Mentor*innen mit verschiedenen Behinderungen, die selbst erfolgreich im Arbeitsleben stehen, sind in allen Teilen der Umsetzung beteiligt. In Personal Coachings stehen sie und die Coaches den Unternehmen beratend zur Seite und setzen gemeinsam Schritt für Schritt die Inklusionsstrategie in die Tat um: Sie helfen bei der inklusiven Stellenausschreibung und dem Recruiting, zeigen den Unternehmen, wie sie zu mehr Sichtbarkeit gelangen und ihre Barrierefreiheit erhöhen. Sie vernetzen die Unternehmen mit wichtigen Ansprechpartner*innen und unterstützen die Arbeitgeber*innen dabei, Inklusion im Bewusstsein der gesamten Mitarbeiterschaft zu verankern. Mit Hilfe der Mentor*innen werden reale Bewerbungssituationen simuliert, die praxisnahe Erfahrungen ermöglichen. Recruiter*innen und Führungskräfte lernen, worauf sie im Gespräch mit Bewerber*innen mit Behinderung achten sollten. Dabei werden wichtige Erkenntnisse zu möglichen Hindernissen und Lösungsansätzen gesammelt, aus denen Modelle entstehen, die auch anderen Unternehmen weiterhelfen können.

Wer Interesse hat und das Inklupreneur-Projekt auch in sein Bundesland holen möchte, unterzeichnet den Inklupreneur-Pledge oder wendet sich direkt an Nils Dreyer. Sobald die ersten zehn Unternehmen gefunden sind, macht sich die Hilfswerft gGmbH auf die Suche nach Umsetzungspartnern.





Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 18.01.2024
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